18.11.2014
Der Berliner Verfassungsschutz (VS) hat eine Zehnjahresstudie zu rechter Gewalt in Berlin veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass rechte Gewalt von einem zunächst vor allem in den östlichen Bezirken zu verortenden Phänomen mehr und mehr zu einem gesamtstädtischen Problem geworden ist. Die Studie steht zum kostenlosen Download bereit.
Im Rahmen der Studie hat der Berliner Verfassungsschutz die Täter-, Tatort- und Opferdaten zu den in den Jahren 2003 bis 2012 polizeilich in Berlin registrierten rechten Gewalttaten ausgewertet und mit den Ergebnissen der beiden Vorgängerstudien „Rechte Gewalt in Berlin 1998 bis 2003“ und „Rechte Gewalt in Berlin 2003 bis 2006“ verglichen. Dabei wurden die Daten zu 632 rechten Gewalttaten, 684 Tatverdächtigen und 726 Opfern rechter Gewalttaten ausgewertet. Grundlage hierfür waren die in den Jahren 2003 bis 2012 vom Landeskriminalamt Berlin erfassten Fälle „politisch motivierter Gewaltkriminalität rechts“.
Die Tatsache, dass sich die Studie an polizeilich erfassten Gewalttaten orientiert, erklärt die sehr hohen Unterschiede zwischen den hier angegebenen Daten und den Fallzahlen, die Quellen wie etwa das Berliner Register angeben. Die zu einem großen Teil von Ehrenamtlichen erhobenen Daten des letzteren Berichts zeigen nämlich deutlich mehr Fälle von rechter Gewalt in Berlin an. Den jüngsten Bericht über das Jahr 2013 könnt Ihr hier auf stark-gemacht.de herunterladen.
Doch auch die vorliegende Studie des VS belegt, dass rechte Gewalt in Berlin von einem zunächst vor allem in den östlichen Stadtbezirken zu verortenden Phänomen mehr und mehr zu einem gesamtstädtischen Problem geworden ist. Zwar ereignete sich die Mehrheit aller rechten Gewalttaten im untersuchten Zehnjahreszeitraum im Ostteil der Stadt. In den Bezirken Pankow und Lichtenberg gingen die entsprechenden Fallzahlen jedoch zum Teil deutlich zurück. Parallel dazu wurden mehr rechte Gewalttaten in „Ausgeh“-Bezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg oder Mitte registriert.
Mit Blick auf die Tatverdächtigen zeigte sich rechte Gewalt nach wie vor als männlich dominiertes Phänomen, auch wenn sich der Anteil der weiblichen Tatverdächtigen leicht erhöht hat. Signifikant gestiegen ist zudem der Anteil rechter Gewalttäter, die zum Tatzeitpunkt bereits vorbestraft waren. Damit haben sich einzelne Gewalttaten zu einem zunehmend charakteristischen Merkmal bereits begonnener politisch rechts motivierter krimineller „Karrieren“ entwickelt.
Betroffen von rechter Gewalt waren in Berlin vor allem zwei Opfergruppen in besonderem Maße: einerseits als „Fremde“ definierte Menschen sowie andererseits alle politischen Gegner_innen und Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Zufällige Opfer einer dieser beiden bewusst gewählten „Feindgruppen“ gerieten in den mit Abstand meisten Fällen in den Fokus rechter Gewalttäter.
Mit der Analyse einer Vielzahl weiterer Daten zu Täter_innen, Opfern, Ausmaß, Formen und regionalen Schwerpunkten der im untersuchten Zehnjahreszeitraum begangenen Gewalttaten will der Berliner VS dazu beitragen, zukünftig noch zielgerichteter gegen rechte Gewalt vorzugehen.
Den Worten von Innensenator Henkel zufolge "sollen die Ergebnisse der Studie Ansatzpunkte für Gegenstrategien zur nachhaltigen Bekämpfung rechter Gewalt durch eine effektive Strafverfolgung, aber auch für neue Präventionsansätze liefern." Einen Eindruck von der Datengrundlage könnt Ihr Euch selbst machen, denn die Studie steht als PDF zum Download bereit.
Quelle: PM der Senatsverwaltung für Inneres und Sport / berlin.de (14.11.14)
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